Antarctica's best kept secret
16. Januar 2020, Antarktis, an Bord der Ice Bird
Auch heute Morgen ist das Wetter schlecht, aber inzwischen wissen wir, dass es immer so ist. Wir müssen weiter – trotz der ungünstigen Bedingungen.
Gestern schipperten wir den ganzen Tag zwischen den Eisbergen, bevor wir einen Aufstieg fanden. Wir hatten uns bereits damit abgefunden, dass wir unsere Träume vom Bergsteigen in einem Gletscher begraben müssten, als wir mit dem Fernglas das Gebiet Gateway Ridge absuchten und einen herrlichen, azurblauen Eiskanal zu einem bisher unbezwungenen Gipfel entdeckten: Hier ist noch fast alles unberührt und unerforscht!
Schlagartig verbesserte sich unsere Laune: Während wir vorher unbekümmert, aber resigniert waren, fühlen wir uns nun motiviert, jedoch besorgt. Die sich widerstreitenden Gefühle, die man vor jeder wichtigen Besteigung hat, werden hier aus verschiedenen und verständlichen Gründen noch verstärkt.
Wir frühstücken. Eine Tasse mit heißem Kaffee wärmt die Hände, dazu ein Butterbrot.
Alle hängen ihren Gedanken nach, aber sind im Geiste schon dort oben, auf „unserer“ Goulotte, die wir uns in der kurzen und unbequemen antarktischen Nacht so lange erträumt und vorgestellt haben.
Das Meer ist ruhig, und der niedrig schwebende Morgennebel erlaubt gerade noch die Sicht auf die Berge. Auf dem Schiffsdeck werde ich von einer eisigen Brise gepeitscht, die nichts Gutes verheißt. Trotzdem müssen wir los.
Heute werden wir kein Ski fahren, nicht einmal, um uns dem Gipfel zu nähern.
Mit dem Gummiboot suchen wir vergeblich eine bequeme Anlegestelle, um die Wand in Angriff zu nehmen … ohne Erfolg. Wir müssen einen weiten Weg zurücklegen, um eine begehbare Route zu finden, die genügend Sicherheit bietet.
Die Luft ist feucht, und das eiskalte Wasser spritzt uns ins Gesicht. Ich bin durchgefroren und kann es kaum erwarten, mich endlich zu bewegen. Wir laden das Material ab, während die Wellen gegen den schlüpfrigen Granitstein branden. Dave, unser „Fährmann”, kehrt zurück in die Sicherheit der bequemen Ice Bird.
Jetzt sind wir allein. Unser Abenteuer kann beginnen.