Das unbekannte Japan - Ankunft in Kagoshima
Nach ein paar Tagen inmitten von Häusern mit Kuppeldächern, pünktlichen Zügen und Objekten, die jedes Problem lösen – auch das unbedeutendste – ist die Moral im Keller. Inzwischen ist es schon dunkel geworden.
Dank einer Mitfahrgelegenheit, die wir im Internet gefunden haben, kommen wir auf einer Straße nach Kagoshima, die vom Flughafen geradewegs in die Vorstadt führt und von der kargen, dunklen japanischen Vegetation gesäumt wird.
Ganz unerwartet öffnet sich die Landschaft wie ein Schatzkästchen, und am Seeufer leuchten funkelnde Laternen auf, während sich der riesige, plumpe Vulkan wie ein Denkmal in Mondnähe erhebt.
Wir sind am Zielort angekommen, bedanken uns für die Fahrgelegenheit und richten uns häuslich in dem 25 Quadratmeter großen Apartment ein, das keine Küche hat (aber dafür einen guten Mikrowellenherd). Ich schreibe einige Seiten, habe aber Mühe einzuschlafen, nachdem das Licht gelöscht wird.
Am nächsten Morgen wache ich im bequemsten Bett der Welt auf. Von unserem kleinen Balkon blickt man auf den Vulkan Sakurajima, der über die Bucht wacht und jeden Tag in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen seine azurblaue Asche ausspeit.
Wir gehen die Treppen hinunter und befinden uns bald in der Hauptstadt Kagoshima, die stark von europäischen Einflüssen geprägt ist.
Im Jahr 1865 gelang es nämlich dem Klan Shimazu, eine Gruppe junger Männer illegal aus dem Land zu schleusen, um ihnen zu ermöglichen, im Vereinigten Königreich die westliche Technologie zu studieren. Die Ergebnisse sind noch heute überall sichtbar! Bei einem Bummel durch diese Stadtviertel begegnet man Backsteingebäuden im Stil von Liverpool, Bussen wie in Lissabon, einem Hafen, der dem in Sydney ähnelt und mit Steinen gepflasterten Plätzen, die sich in Rom befinden könnten. Die Stadt macht also einen sympathischen Eindruck und scheint auf den Menschen zugeschnitten zu sein.
Einige Tage später packen wir unsere Zelte und einen Schlafsack und machen uns zu Fuß auf den Weg zum alten Hafen von Kagoshima.
Wer in Japan auf Handelsschiffen reisen will, kann nicht buchen, sondern nur hoffen, dass er als Erster an Bord kommt und zwischen den Reispaketen ein Plätzchen auf dem Boden findet, wo er es sich bequem machen kann.
Unser Frachtschiff lässt beim Auslaufen eine lange Rauchsäule aufsteigen. Die Reling ist verrostet, und das Salzwasser hat jeden Winkel des Schiffes angegriffen, der den Wellen ausgesetzt ist. Die untergehende Sonne befindet sich noch auf der Höhe des Wasserspiegels und taucht am Horizont auf und ab.
Während unserer nächtlichen Fahrt hören wir die Songs von John Mayer und erwachen steif auf unseren Rucksäcken, die uns als Kissen dienen. Am Bug des Schiffes erwartet uns das Schauspiel der fliegenden Fische, die am Schiffskiel im Gleitflug um die Wette segeln. Bei diesem Anblick fühlen wir uns mit einem Mal ganz leicht: Auch wir sind auf dem Sprung, um andere Welten zu erkunden.
Am nächsten Morgen erreichen wir Yakushima.